Soweit ich
weiß, hat es im deutschen Bildungssystem in den letzten Tagen keine Revolution gegeben. Aber ich habe seit Montag mitunter zwei Praktikantinnen und eine Lehramtsanwärterin zur Unterstützung in der
Klasse gehabt, weil die Schulbegleiterin krank ist. Ja, man muss aber auch einfach mal um Hilfe bitten. Ich musste nur innerhalb von zwei Tagen 860 Gespräche zwischen Tür und Angel mit sieben verschiedenen Personen führen, um diese Hilfe zu erhalten!
Die eine
Praktikantin hat immer ihre dicke Daunenjacke und ihren Schal an und
kommt 10 Minuten zu spät, das heißt, sie kommt nach der
Lehramtsanwärterin, die ja auch schon immer 5 Minuten zu spät kommt
und die dritte Praktikantin ist zwar pünktlich, aber extrem
phlegmatisch. Was ist mit ihr? Sie verdreht die Augen vor jeder
Bewegung und als ich sie heute darum bat, einer Schülerin zu helfen,
fragte sie mich ganz gedehnt, während sie ihren schweren Kopf
mithilfe einer Hand in meine Richtung hob und dabei angestrengt in
die Sonne blinzelte und die figurativen Kritzeleien, die sie auf
ihrem Collegeblock anfertigte, unterbrach: "Wem soll ich
helfen?" - ein Moment der Stille trat ein, in dem ich mich
innerlich sammeln musste. Lehramtsanwärterin und Praktikantin Nr. 2
starrten uns gebannt an, waren mit einem Mal hellwach und bereit
sich in den Kugelhagel zu werfen, mit dem ich geantwortet hätte,
wären Lehrkräfte mittlerweile bewaffnet. Doch ich sah
Staubpartikel schweben, meine Hand fand zeitlupenartig ihren Weg auf den
Rücken eines zappelnden Kindes, während das Klicken des
Minutenzeigers sich zu einem Brummen ausdehnte, fand ich in mir einen
Ort des Friedens und der Ruhe. Es ist alles da. Vergiss nicht das Allerwichtigste. Es ist alles da. Diesem leuchtenden Engelchen dort,
das sich gerade den Stift in die Nase bohrt und mit leerem Blick auf
der Stuhlkante herum wackelt. Diesem Kind sollst du helfen! Oder es
hilft dir. Ihr schafft das schon! Ja, irgendwie schaffen wir das
schon.
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